Arusha: Wo der Strom aus der Autobatterie kommt
/0 Kommentare/in Tansania 2009 /von Nicole TschannettIch wurde von einem Projektmitglied in den Norden Tansanias eingeladen, um 1. dort das Handbuch für die Farmer fertig zu stellen und 2. ein bisserl mehr von Tansania zu sehen und noch besser 3. mit einer afrikanischen Familie afrikanisch zusammen zu leben. Dass Fidelis aber in den Vorstadt-Slums wohnt und einen herrlichen Blick auf den Kilimanjaro hat, hat er mir nicht gesagt.
Aufgestanden wird um 5 Uhr, um 8 Uhr bin ich regelmässig schon das erste Mal müde! Bis dahin hat man nämlich schon die ganze Wäsche gewaschen, das Geschirr vom Vorabend gespült und das ganze Haus “rausgeschwemmt”. Folgender Waschvorgang trifft für fast alles zu, sogar für das Baby: man stelle 20 Plastikkübel um sich herum auf. In den ersten gibt man ein Scheuermittel und die anderen 17 sind zum “klarspuelen” gedacht; kalt versteht sich. Die restlichen 2 Kübel sind für den Transport zurück ins Haus. Gekocht wird auf einem 2er Plattenherd mit Gas. Das unisono Gewürz ist Salz. Punkt.
Das Haus wird schön angezogen verlassen, Fidelis hat studiert und arbeitet jetzt in einem von Engländern geführten Office, seine Frau ist Lehrerin. Beide Einkommen werden benötigt, dass es für die 3köpfige Familie jeden Monat reicht.
Es gibt weder Strom, noch fliessend Wasser. An 2 h am Abend wird eine Autobatterie von einem Duka herbei geschleppt und x Leitungen angeschlossen. Das Wasser bringen Strassenkinder, die um wenig Geld schwere Holzkarren mit Wasserkübeln beladen und an die Häuser verteilen.
Ein Massai bewacht mit einem Speer die ganze Umgebung. Mit Speer!!! Gestern durfte ich mit Massai Bernhard um die Hütten ziehen um seinen district of work kennen zu lernen. Interessant.
Und dann waren am Sa noch die Präsidenten von Rwanda, Simbabwe, Kongo und Kenya in Arusha; zusammen mit dem Präsi von Tansania. Und “klein Loretz” in den Präsidentensuiten! Fidelis war ganz stolz, dass wir reingekommen sind. Er hatte das schon öfters versucht, aber mit Mzungu-Hilfe hat es dann geklappt.
Mzungus sind auch in den Autos ganz wertvoll! Sobald ein Weisser drinnen sitzt wird das Auto von den eigens ernannten Polizei-Kontrollen nicht mehr aufgehalten.
Am Samstag werde ich die Stadt Arusha mit den vielen Massais, den Müllhaufen, dem städtischen Flair, seinem Treibsand und übrigens (!) dem ersten Fussabdruck in der Menschheitsgeschichte wieder verlassen und mich mit dem 13-Stunden-Bus nach Mafinga schlängeln. Übrigens Busfahren in Tansania ist garantiert die Vorstufe zum Beamen lt. “Scotty und Kirk” 🙂
10 Armselige Geschichten
/1 Kommentar/in Tansania 2009 /von Nicole TschannettHeute hieß es durch schnaufen und einen klaren Kopf bewahren. In einem abgelegenen Buschdorf namens Ilasa, wo wir die bereits aufgenommenen Waisenkinder fotografiert und deren Daten (wann die Mutter gestorben ist, wann der Vater, wie viele Geschwister im gleichen Haushalt leben und wer sich um die Waisen kümmert) erfasst haben, habe ich spontan gefragt, ob wir nicht eines der Kinder nach Hause begleiten könnten.
Heute habe ich erfahren, dass afrikanische Gastfreundschaft kein Ende kennt – nur Scham über die eigene Situation. Der 14jährige Neto Kalinga hat sich gefreut, dass wir uns für ihn und seine Lebensumstände interessieren, nicht aber, was er uns als sein Zuhause zeigen konnte.
Neto Kalinga
/0 Kommentare/in Tansania 2009 /von Nicole TschannettNeto lebt mit seiner “irgendetwas über 70 Jahre” alten Großmutter und seinen 2 Geschwistern in einer auf den ersten Anschein verträumten Lehmhütte. Das Strohdach hat faustgroße Schäden.
Was in warmen Sternennächten romantisch ist, wird in der Regenzeit zum täglichen Kampf. Denn die 4 Familienmitglieder schlafen auf dem Lehmboden rund um das Feuer verteilt und teilen sich 2 Decken, während es in die Hütte regnet. Seine Mutter starb 2004, sein Vater hat vor langer Zeit die Familie sitzen gelassen. Neto sagt, dass er Lehrer werden möchte, währenddessen die Bibi (Großmutter) an ihrer einzigen und verrissenen Bluse zerrt. Sie möchte so nicht auf’s Bild, die Scham ist groß.
Die Familie baut Mais und Bohnen an. Damit Bibi die Schulgelder finanzieren kann, muss sie allerdings so viel von ihrer Ernte verkaufen, dass sie wiederum von den Zuwendungen von Nachbarn und “anderen netten Menschen” abhängig sind um täglich satt zu werden! Währenddessen neugierige Kinderaugen durch die löchrigen Wände der Hütte hereingespäht haben, habe ich mir immer vorgestellt, wie eine +70jährige und 3 Teenager den Acker bestellen können! Christine und ich konnten nicht anders: Das Strohdach wird nun erneuert. Und als es heute Abend wieder vor meinem Fenster “aus Kübeln gegossen” hat, fiel mir Neto Kalinga und seine Bibi ein, die zumindest in absehbarer Zeit trocken schlafen können.
Neto hatte Glück. Er ist seit unserem Besuch im Waisenprogramm aufgenommen und bekommt die Schulausbildung bezahlt. So muss sich Bibi um ein Kind weniger sorgen. 9 weitere Schüler sind jedoch noch in der sog. Warteschleife.
Ihre Geschichten und ihre Lebenssituation unterscheiden sich nicht von Neto’s. Leider sind jedoch die finanziellen Mittel erschöpft. Vielleicht findet sich hier ein privater Sponsor? Mit EUR 100,- ist ein Schuljahr abgedeckt.
Hier in Kurzform Statements über die Lebenssituation der 9 bedürftigen Kids:
Happy Lalika
/0 Kommentare/in Tansania 2009 /von Nicole Tschannett1996 geboren | lebt mit ihrer alten und kranken Großmutter und 1 Geschwister | ihre Eltern starben als sie noch sehr jung war | sie lebt in einem Haus mit Wellblechdach | sie schläft in einem Bett mit Matratze | möchte gerne Krankenschwester werden | sie bauen Mais, Erbsen und Bohnen an | sie halten Hennen, 1 Schwein und Meerschweinchen*.
Denis Kisapi
/0 Kommentare/in Tansania 2009 /von Nicole Tschannettlebt mit seiner Großmutter und 1 Geschwister| sein Vater starb 2004, seine Mutter starb als er noch sehr jung war | die Großmutter ist sehr alt und kann nicht mehr auf dem Feld arbeiten | er lebt in einer Hütte aus Ziegeln mit Wellblechdach| sie schlafen in Betten ohne Matratzen | möchte gerne Doktor werden | sie bauen Mais und Bohnen an.