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Hit the Road und Success in Jesus

Endlich darf ich hinters Steuer. Nur diesmal bekomme ich nicht den Pick Up mit Servolenkung sondern Modell Nr. 4, den Landrover. Mit an Bord des spannenden Ausfluges sind Kigodi, Mirjam, Laura und Fahrerin Nicole. Die beiden Mädels sind direkt nach meinem “Wellness-Urlaub” gekommen und bleiben 1 Woche zur Einschulung. Dies ist unsere erste gemeinsame Fahrt:

Schon nach der ersten Steigung brauche ich Lauras Fuß, damit wir Kupplung, Bremse und Gas gleichzeitig drücken können. Denn die Handbremse funktioniert nicht und die Bremse muss x Mal gepumpt werden, damit der Wagen halbwegs zum Stillstand kommt. Fast im Graben und viele Rückwärtsmeter später stehen wir also. Bei der nächsten Steigung nehmen wir jedoch die nächst höhere Risikostufe: noch steiler und unten ist ein See, dessen Brücke zum Überqueren sehr schmal ist. Wir kennen das Auto ja jetzt und machen vorzeitig aus, dass alle aus dem Auto springen sollen, sobald wir wieder unvorhergesehen *lol* stehen bleiben und mangels Bremse dann doch nicht stehen bleiben… Gesagt getan, das Vorhergesehene tritt natürlich ein: Die Bremse zieht in dieser Steigung gar nicht mehr, nur die Motorbremse (1. Gang) hilft den Wagen beim Rückwärtsrollen ein wenig zu bremsen. Meine Mitfahrer springen derweil ins Gebüsch um große Steine anzuschleppen, die unterlegt werden. Nachdem der Wagen schräg steht, alle unverletzt sind und die Entfernung zum See sichtbar gleich bleibt, schnaufen wir mal alle durch… und dann kommt uns auch schon ein LKW entgegen. Und hier habe ich also meinen ersten Lachkrampf!

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Vor mir der Tonnenschwere Gegner, hinter mir die tückische Seeüberquerung. Als wir uns am späten Abend mit Chipsimayei und einem Bier belohnen, ist ein passendes Bild an der Wand – siehe Foto.

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Der LKW zieht uns bis ans oberste Ende, wo wir das Auto bei sog. Fundis (Handwerkern) lassen.

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Kurzfristig überlegen wir uns, ob wir den vor uns liegenden Hügel rückwärts rauffahren sollen, immerhin wurden wir von diesem Gang noch nicht enttäuscht. Aber nachdem Laura noch schnell von einem Pferd gebissen wird und ich ja mittlerweil 2 kaputte Zehen habe, entschließen wir uns, dass ein kleiner Spaziergang durch die Felder bis nach Itona genau das richtige ist *kleiner-Sarkasmus-am-Rande*.

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Wir erreichen den Kindergarten von Itona und machen als kleines Souvenir noch ein Foto – wer weiß ob es das letzte sein wird! – vom geplanten Garten, den sie liebevoll “Frances Garden” (also der Garten von Franz Rauch ;o) benannt haben.

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Und ich fühl mich natürlich top-wohl in der Kinderherde…

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Nachdem wir mit den Komitee-Mitgliedern besprochen haben, wo die Gemüsefelder angebaut werden sollen, die Waisenlisten eingesammelt haben und die bestehenden Waisenkinder im Computer abgeglichen haben, treten wieder unseren “sicheren” Heimweg mit “lovely Landrover” an.

Wir sind das Komitee

3 Stunden sind wir mit dem Kassier und dem Schuldirektor Kigodi zusammen gesessen und haben über die bevorstehenden Material-Ausgaben für die Waisenkinder diskutiert. Alle 3 Monate werden 4 Schulen angefahren, wo die insgesamt 550 Waisenkinder eine Unterstützung in Form von Seife, Schuhe, Schulmaterial, Koch- und Petroleumöl  erhalten. Auch das Schulgeld kann durch die Spendengelder via Eine-Welt-Gruppe bezahlt werden.

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Allgäuer-Kühe

Zurück in Iringa, laden mich Christine, Andrea und Kigodi wieder beim Round-about aus und ich hüpfe in den Jeep von Hannes, wo die anderen ebenso “Safari-dreckig” daherkommen. Die Fahrt geht nun für unzählige Stunden in den Süden, zunächst nach Uwemba, einer Missionsstation von Schweizern und Deutschen Mönchen. Eine Nacht im Land der Allgäuer-Kühe, der selbstgemachten Salami und der europäischen Butter steht uns bevor.

Von Löwen und Autos

Zunächst verblüfft, ärgerlich und fast schon schlechtgelaunt fahren wir 1,5 Stunden bis zum Einlasstor des Parks. Und da bewahrheitet sich auch schon unsere Befürchtungen: der Tank hat ein Leck, der Motor springt nur per Zufallsprinzip an und für Michael scheint es normal zu sein, dass die Fenster, die Motorhaube und sein Türgriff mit der Zange zu bedienen sind! Da Kigodi aber zum ersten Mal im Nationalpark seiner Heimat ist und wir uns die Urlaubstage nicht verderben lassen wollen, reißen wir uns also zusammen; immerhin scheint es für Kigodi ganz normal zu sein…

Später stellt sich heraus, dass die Safari mit geschlossenem Auto aber mindestens so witzig sein kann. Immerhin scheint sich Michael nicht um Lackkratzer zu scheren.

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Besonders spannend fanden wir es auch, als das Auto nicht angesprungen ist als wir z.B. vor 8 Löwen in unmittelbarer Nähe “geparkt” hatten oder als die Oberhäupter einer Elefantenherde ihre Kleinen beschützen wollten und die Ohren bereits aggressiv in unsere Richtung aufgestellt hatten.

Aber am wertvollsten war die Freude von Kigodi, der zunächst sehr ängstlich war und sich dann nur noch wahnsinnig über den Ausflug gefreut hat und plötzlich überraschenden Mut zeigte. Nur Anschieben wollte er nie gehen, wenn’s wieder mal brenzlig wurde…

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Aufbruch

Am Nachmittag starten Familie Rauch, Christine mit Mama Andrea und mir den vollgepackten Jeep und fahren nach Iringa – die nächstgelegene größere Stadt. Mit im Gepäck Fidelis und Kigodi. Rauchs nehmen Fidelis mit, wir behalten Kigodi und übernachten in einem Guest House. Am nächsten Morgen holt uns der Fahrer Michael mit seinem fraglichen Safari-Wagen ab, der uns diese zwei Tage durch den Ruaha-Nationalpark führen soll.

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In der Ecke brutzelt ein kleines Feuer

Kurz vor dem Abendessen statten wir Mr. Kigodi einen Besuch ab. Kigodi ist der Schuldirektor und Mitglied des Komitees, welches sich um die Belange der Dorfbewohner kümmert. Er weiß genau, welches Kind in die Schule geht, wer es sich nicht leisten kann eine Schuluniform zu kaufen oder wer zu schwach ist in die Schule zu gehen. Wir erfahren von einem aktuellen Fall: Der Vater ist gestorben, die Mutter ist zu schwach, um lange arbeiten zu können, um die Kinder zu versorgen; sie hat Aids und wird nicht mehr lange leben. Die 4 Kinder sind auf sich alleine gestellt; die größeren waschen und versorgen die Kleineren. Das wenige Essen das sie haben, bekommen sie von Nachbarn. Wir beschließen, uns selbst ein Bild davon zu machen:

Müde sitzt die 4fache Mutter vor ihrer 3×3 m großen Hütte. Als sie uns sieht, rafft sie ihre einzige Kitenge (ein 4×1 m großes dünnes Baumwolltuch) zusammen, um ihren Körper und die zerlumpten Fetzen darunter zu verbergen. Unsicher bittet sie uns in die dunkle und beißend nach Rauch riechende Hütte. Dort können wir ein wenig erahnen, wie sich das Leben der 5-köpfigen Familie abspielt: Die Mutter schläft getrennt von den Kindern – ihre Decke ist die Kitenge. In der Ecke brutzelt ein kleines Feuer, nicht hell genug das Innere der Hütte zu erkennen. Dort wird gekocht und wie uns die älteste der Kinder, die 13jährige Tochter demonstriert auch aufgewärmt. Später werden sich dann die Geschwister dazu gesellen um dort zu schlafen. Matten oder eine Matratze besitzt die Familie nicht. Klein zusammengekauert sitzen wir 4 also mit der Mutter und dem 8-jährigen Mädchen auf Holzbrettern. Kigodi erklärt uns, dass das 8-jährige Mädchen den Stein ins Rollen gebracht hat, weil sie nicht zur Schule gekommen ist. Daraufhin hat Kigodi sie besucht und die Situation erkannt: Die Familie hatte nicht genug Geld um Schulmaterial, eine Schuluniform und das Schulgeld zu bezahlen. Außerdem war die Familie auf die Mithilfe des jungen Mädchens angewiesen. So holen die Kinder Wasser aus dem nächst gelegenen Brunnen, suchen und tragen Brennholz herbei und sorgen im Haus für Ordnung.

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Wir merken bald, dass das Dach der Hütte nicht dicht ist. Nicht sehr praktisch, wenn man bedenkt, dass die Regenzeit 6 Monate dauert und die Familie direkt auf dem Boden schläft. Brigitta fragt genauer nach: Wie oft essen die Kinder? Was? Wann haben sie das letzte Mal gegessen? Was wünschen sich die Kinder? Die Antwort fällt einstimmig aus, wenn auch schüchtern und ganz leise ausgesprochen, denn über Armut spricht man nicht: “Ugali.” Der weiße Maisbrei, der zwar nicht sehr nahrhaft ist aber wenigstens den Magen füllt. Wir beschließen am nächsten Tag eine dicke Decke zu kaufen und eine weitere Kitenge für die Mama. Hannes finanziert die Renovierung des Stroh-Daches aus eigener Tasche; 35 Euro für ein trockenes Heim in den nächsten 7 Jahren.