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Neto Kalinga

Neto lebt mit seiner “irgendetwas über 70 Jahre” alten Großmutter und seinen 2 Geschwistern in einer auf den ersten Anschein verträumten Lehmhütte. Das Strohdach hat faustgroße Schäden.

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Was in warmen Sternennächten romantisch ist, wird in der Regenzeit zum täglichen Kampf. Denn die 4 Familienmitglieder schlafen auf dem Lehmboden rund um das Feuer verteilt und teilen sich 2 Decken, während es in die Hütte regnet. Seine Mutter starb 2004, sein Vater hat vor langer Zeit die Familie sitzen gelassen. Neto sagt, dass er Lehrer werden möchte, währenddessen die Bibi (Großmutter) an ihrer einzigen und verrissenen Bluse zerrt. Sie möchte so nicht auf’s Bild, die Scham ist groß.

Die Familie baut Mais und Bohnen an. Damit Bibi die Schulgelder finanzieren kann, muss sie allerdings so viel von ihrer Ernte verkaufen, dass sie wiederum von den Zuwendungen von Nachbarn und “anderen netten Menschen” abhängig sind um täglich satt zu werden! Währenddessen neugierige Kinderaugen durch die löchrigen Wände der Hütte hereingespäht haben, habe ich mir immer vorgestellt, wie eine +70jährige und 3 Teenager den Acker bestellen können! Christine und ich konnten nicht anders: Das Strohdach wird nun erneuert. Und als es heute Abend wieder vor meinem Fenster “aus Kübeln gegossen” hat, fiel mir Neto Kalinga und seine Bibi ein, die zumindest in absehbarer Zeit  trocken schlafen können.

Neto hatte Glück. Er ist seit unserem Besuch im Waisenprogramm aufgenommen und bekommt die Schulausbildung bezahlt. So muss sich Bibi um ein Kind weniger sorgen. 9 weitere Schüler sind jedoch  noch in der sog. Warteschleife.

Ihre Geschichten und ihre Lebenssituation unterscheiden sich nicht von Neto’s. Leider sind jedoch die finanziellen Mittel erschöpft. Vielleicht findet sich hier ein privater Sponsor? Mit EUR 100,- ist ein Schuljahr abgedeckt.

Hier in Kurzform Statements über die Lebenssituation der 9 bedürftigen Kids:

Wir sind das Komitee

3 Stunden sind wir mit dem Kassier und dem Schuldirektor Kigodi zusammen gesessen und haben über die bevorstehenden Material-Ausgaben für die Waisenkinder diskutiert. Alle 3 Monate werden 4 Schulen angefahren, wo die insgesamt 550 Waisenkinder eine Unterstützung in Form von Seife, Schuhe, Schulmaterial, Koch- und Petroleumöl  erhalten. Auch das Schulgeld kann durch die Spendengelder via Eine-Welt-Gruppe bezahlt werden.

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In der Ecke brutzelt ein kleines Feuer

Kurz vor dem Abendessen statten wir Mr. Kigodi einen Besuch ab. Kigodi ist der Schuldirektor und Mitglied des Komitees, welches sich um die Belange der Dorfbewohner kümmert. Er weiß genau, welches Kind in die Schule geht, wer es sich nicht leisten kann eine Schuluniform zu kaufen oder wer zu schwach ist in die Schule zu gehen. Wir erfahren von einem aktuellen Fall: Der Vater ist gestorben, die Mutter ist zu schwach, um lange arbeiten zu können, um die Kinder zu versorgen; sie hat Aids und wird nicht mehr lange leben. Die 4 Kinder sind auf sich alleine gestellt; die größeren waschen und versorgen die Kleineren. Das wenige Essen das sie haben, bekommen sie von Nachbarn. Wir beschließen, uns selbst ein Bild davon zu machen:

Müde sitzt die 4fache Mutter vor ihrer 3×3 m großen Hütte. Als sie uns sieht, rafft sie ihre einzige Kitenge (ein 4×1 m großes dünnes Baumwolltuch) zusammen, um ihren Körper und die zerlumpten Fetzen darunter zu verbergen. Unsicher bittet sie uns in die dunkle und beißend nach Rauch riechende Hütte. Dort können wir ein wenig erahnen, wie sich das Leben der 5-köpfigen Familie abspielt: Die Mutter schläft getrennt von den Kindern – ihre Decke ist die Kitenge. In der Ecke brutzelt ein kleines Feuer, nicht hell genug das Innere der Hütte zu erkennen. Dort wird gekocht und wie uns die älteste der Kinder, die 13jährige Tochter demonstriert auch aufgewärmt. Später werden sich dann die Geschwister dazu gesellen um dort zu schlafen. Matten oder eine Matratze besitzt die Familie nicht. Klein zusammengekauert sitzen wir 4 also mit der Mutter und dem 8-jährigen Mädchen auf Holzbrettern. Kigodi erklärt uns, dass das 8-jährige Mädchen den Stein ins Rollen gebracht hat, weil sie nicht zur Schule gekommen ist. Daraufhin hat Kigodi sie besucht und die Situation erkannt: Die Familie hatte nicht genug Geld um Schulmaterial, eine Schuluniform und das Schulgeld zu bezahlen. Außerdem war die Familie auf die Mithilfe des jungen Mädchens angewiesen. So holen die Kinder Wasser aus dem nächst gelegenen Brunnen, suchen und tragen Brennholz herbei und sorgen im Haus für Ordnung.

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Wir merken bald, dass das Dach der Hütte nicht dicht ist. Nicht sehr praktisch, wenn man bedenkt, dass die Regenzeit 6 Monate dauert und die Familie direkt auf dem Boden schläft. Brigitta fragt genauer nach: Wie oft essen die Kinder? Was? Wann haben sie das letzte Mal gegessen? Was wünschen sich die Kinder? Die Antwort fällt einstimmig aus, wenn auch schüchtern und ganz leise ausgesprochen, denn über Armut spricht man nicht: “Ugali.” Der weiße Maisbrei, der zwar nicht sehr nahrhaft ist aber wenigstens den Magen füllt. Wir beschließen am nächsten Tag eine dicke Decke zu kaufen und eine weitere Kitenge für die Mama. Hannes finanziert die Renovierung des Stroh-Daches aus eigener Tasche; 35 Euro für ein trockenes Heim in den nächsten 7 Jahren.